Beweissicherungsgutachten Entwässerung einer Hoffläche

Vorbemerkung

Herr X ist Auftraggeber dieses Gutachtens, er beauftragte das Planungs- und Sachverständigenbüro Hardy Gutmann GmbH am 22.08.2012 mit einem Beweisgutachten, da seine Halle bei Starkregen seit ihrem Bau bzw. Fertigstellung im Jahr 2008 regelmäßig überflutet wird. Dieser Zustand stellt sich durchschnittlich einmal pro Monat ein.

 

Deckblatt

Beweisinhalt

Beurteilung des Hofplatzbefestigung in Bezug auf eine fachgerechte Oberflächenentwässerung. Mit diesem Gutachten soll Beweis erhoben werden über folgende Fragen:

1. Ist die vorhandene Entwässerungsrinne richtig und ausreichend dimensioniert?

2. Sind Anordnung, Länge und Standort der Entwässerungsrinne richtig und ausreichend geplant?

3. Lässt sich bei Starkregen eine Überflutung der Halle feststellen?

Allgemein

Entwässerungsanlagen zur Ableitung des Regenwassers von kleinen Grundstücken können in der Regel ohne Überflutungsprüfung bemessen werden. Kleine Grundstücke haben eine abflusswirksame Fläche (A*C) von bis zu 800 m², für die ein Anschlusskanal von DN 150 ausreichend ist. Grundleitungen von Grundstücken bis 200 ha, die größere schadlos überflutbare Hof- bzw. Parkflächen oder andere Außenanlagen entwässern, können gemäß DWA A 118 bemessen werden. Die Jährlichkeit des Berechnungsregens darf einmal in 2 Jahren nicht unterschreiten. Nachweise der Sicherheit gegen Überflutung bzw. einer kontrollierten schadlosen Überflutung sind in Anlehnung an DIN EN 752 durchzuführen.

grafik zustaendigkeit

Um den Zustand und die Funktion des Entwässerungssystem bewerten zu können, muss das Gesamtsystem der Entwässerung, an das das Hofentwässerungssystem angeschlossen ist, betrachtet und hydraulisch nachgerechnet werden. Das Gesamtsystem setzt sich aus den einzelnen Dachflächen und der Hoffläche selbst zusammen. Zur Berechnung wurde das EDV-Programm der B&B Ingenieurgesellschaft mbH, CivilDesign-Leitungssysteme verwendet. Das Gesamtsystem wurde vereinfacht auf Nord- und Süd-Dachfläche und die Hoffläche vor dem Gebäude. Bei der Hoffläche wurde das Carport nicht berücksichtigt (nicht eingezeichnet) und die Entwässerung auf vier Haltungen und die Rinne reduziert, um so den Nachweis von Dachflächen- und Hofflächenentwässerung aufzuzeigen. Die Berechnungen der einzelnen Haltungen sind in der Tabelle Berechnung ATV A 118 im Anhang dargestellt.

 

120830 Atv a118

In der Berechnungstabelle nach ATV A 118 lässt sich für die Rinne mit einem Einzugsgebiet von 1.210 m² und einem Abflussbeiwert von 0,75 (Betonpflaster), ablesen, dass ein fünfminütiges zweijährigen Regenereignis mit 24,16 l/s nicht geleistet werden kann. Die Rinne selbst kann lediglich 18,27 l/s Wasser ableiten. Jedoch liegt das bereits angesprochene Hauptproblem im Anschluss des Ablaufes der Rinne. So zeigt sich, dass der Rückstau an der Rinne und eine nicht ausreichende Leistungsfähigkeit auf die unterhalb liegenden Haltungen zurückzuführen ist. Die Hofflächenentwässerung wurde schlicht an die Dachflächenentwässerung mit angeschlossen, dabei ist die Dachflächenentwässerung bereits aus- bzw. überlastet: Es fallen auf die südliche Dachfläche 17,67 l/s. Diese fließen in die Haltung L1-L3 bzw. Grundleitung mit DN 125 und etwa 1% Gefälle. Eine solche Haltung leistet jedoch nur ca. 9,5 l/s. Hinzu kommt nun auch noch der Abfluss der Hoffläche mit 24,16l/s. Die Leitung müsste insgesamt somit 41,83 l/s abführen, was dem Vierfachen ihrer Möglichkeiten entspricht. Bei der untersten Haltung L3-L4 (DN150 und der Annahme von 1% Gefälle) fällt ein Gesamtabfluss der Dachflächen Nord/Süd und der Hoffläche von 60,71 l/s an; die Haltung vor der Versickerungsmulde selbst leistet gerade einmal 15,43 l/s.

 

120903 Lageplan 1 250 hydraulische Berechnung

 

Beantwortung der Beweisfragen

1. Ist die vorhandene Entwässerungsrinne richtig und ausreichend dimensioniert?

 

Die Rinne mit einem Abfluss am Ende leistet 18,27 l/s und ist für die Einzugsfläche von 1.210 m² deutlich zu gering dimensioniert, um das anfallende Wasser von 24,16 l/s ableiten zu können. Nicht nur die gewählte Rinnendimensionierung selbst, sondern die Abflussleistung der Abläufe der Rinne sind jedoch sehr problematisch. Zwei weitere Abläufe erhöhen die Abflussleistung und unterteilen die Einzugsfläche der Rinne/Fließlänge auf drei Abläufe.

2. Sind Anordnung, Länge und Standort der Entwässerungsrinne richtig und ausreichend geplant?

Die Hoffläche hat ein Längsgefälle zum Gebäude hin von 3%, die südliche Kante weist sogar über 5% Gefälle auf. Die Hoffläche ist in einen so genannten Schettprofil (V-förmig) angelegt. Dieses V-Profil verfügt über unterschiedliche Neigungen: am Büro Richtung Süden weist es etwa 1% Gefälle auf, gegenüber 1,5% und in Richtung Norden an der Halle sind es 0% Da die Rinne sehr einseitig in das Schettprofil eingebaut wurde (vor das Hallentor), muss das Regenwasser der Teilfläche vor dem Bürogebäude oberirdisch in Richtung Entwässerungsrinne geleitet werden. Die Positionierung der Rinne ist demnach ungünstig, da auch das Längsgefälle deutlich größer ist als das Quergefälle. So fließt eine größere Wassermenge auf das Bürogebäude zu bzw. an der Stellkante entlang. Nach Aussage von Herrn Baumann wird dadurch in regelmäßigen Abständen das Bürogebäude überflutet. Dies zeigt, dass die sehr einseitig ausgerichtete Rinne bzgl. Lage und Länge nicht ideal ausgelegt wurde.

3. Lässt sich bei Starkregen eine Überflutung der Halle feststellen?

Eine Überflutung liegt vor, wenn Regenwasser aus einem Entwässerungssystem entweichen oder nicht in dieses eintreten kann und auf der Oberfläche verbleibt oder in Gebäude eindringt. Nach [ATV-DVWK-Kommentar zum A 118, 2000] wird der Zustand der Überflutung auf die "Nichterfüllung ... der Vermeidung von Schäden durch Überflutungen und Vernässungen sowie der Aufrechterhaltung der Nutzbarkeit bezogen". Demnach ist eine Überflutung gegeben, wenn Schädigungen oder nicht hinnehmbare Funktionsbeeinträchtigungen auftreten. Das Rückstauen von Oberflächenwasser an einem Einlauf erfüllt demnach den Tatbestand der Überflutung nicht, wenn keine Schädigungen oder keine nicht hinnehmbaren Funktionsbeeinträchtigungen davon ausgehen. Für den Überflutungsnachweis ist daher vorab auf Grundlage örtlicher Gegebenheit die Wassermenge festzulegen, die rechnerisch an einem Einlauf rückgestaut werden kann, ohne dass davon eine Gefährdung ausgeht. Im vorliegenden Gutachtenfall liegt diese rechnerische Wassermenge bei null, das bedeutet auch, dass eine Schädigung der Halle selbst gegeben ist. Eine Überflutung der Halle bei Starkregen liegt vor.

Zusammenfassung

Zusammenfassend wird durch dieses Gutachten festgestellt, dass auf Grund des mangelhaften Abflusses des Gesamtsystems der Oberflächenentwässerung ein Rückstau auftritt, der die Halle bei einem Starkregenereignis überflutet. Zur Ertüchtigung der Oberflächenentwässerung bedarf es daher einer generellen Umplanung und Überarbeitung des Entwässerungskonzeptes.